Erfolgsangst – wie du sie erkennst und ihr begegnest

«Ich stehe mir einfach immer selbst im Weg. Irgendwas mache ich im entscheidenden Moment immer falsch, so dass nie wirklich reicht.»

Meine neue Kundin Jasmin war ratlos. So sehr hatte sie sich auf ihre erste Wettbewerbssaison gefreut. Intensiv trainiert, an Wettkämpfen zugeschaut, sich weitergebildet, Ziele realistisch gesetzt, ihre Konzentrationsfähigkeit verbessert. Im Training läuft es immer gut. Aber im Wettkampf will es einfach nicht klappen.

Ich gebe zu, wir brauchten ein paar Sitzungen, bis wir an den Kern ihrer Herausforderung kamen, indem sie über andere Situationen in ihrem Leben berichtete, in denen sie sich Wettbewerb stellen musste. In der Schule zum Beispiel. Oder bei der Arbeit. Sie fand dabei heraus, dass sie Angst hatte. Angst vor ihrem eigenen Erfolg, von dem sie doch schon so lange träumte.

Ja, das gibt es. Und es scheint gar nicht mal so selten. Dahinter liegen oft andere Ängste, die dazu führen, sich vor dem eigenen Erfolg zu fürchten:

  • Angst vor Neidern: Jemand, der auf einmal erfolgreich wird, setzt sich von Seinesgleichen ab – und auf einmal wirst du von anderen beneidet. Dem zugrunde liegt unsere Urangst vor sozialer Ablehnung
  • Angst vor steigenden Erwartungen: Wenn du das erste Mal an einem Wettkampf teilnimmst, hast du wahrscheinlich noch keine grossen Erwartungen, aber spätestens nach der ersten Klassierung fährst du das nächste Mal mit mehr Erwartungen. Und auch dein Umfeld erwartet von dir bei nächsten Mal mindestens eine so gute Leistung – glaubst du zumindest.
  • Sehr ähnlich dazu ist die Angst vor Misserfolg. Weil die Erwartungen nach dem ersten Erfolg steigen, steigt auch die Angst, tief zu fallen. Je mehr Erfolg, desto grösser die Fallhöhe.
  • Eine grundsätzliche Angst vor Veränderung und damit die Angst vor Kontrollverlust. Mit zunehmendem Erfolg verändert sich deine Situation. Du startest gegen immer bessere Konkurrenz. Du fährst weitere Strecken, um an höheren Prüfungen zu starten. Vielleicht sogar ins Ausland. Für manche Menschen bedeutet das nicht eine Vorfreude auf etwas Neues, sondern einfach nur eins: mehr Stress.

Aus solchen Ängsten ergibt sich dann eine grosse Ambivalenz. Auf der einen Seite der intensive Wunsch, endlich auch mal erfolgreich zu sein und auf der anderen Seite verlässt dich genau dann der Mut, wenn du ihn grade dringend bräuchtest. Beisshemmung: das, was meine Kundin Jasmin immer einholt. Bei anderen breitet sich am Wettkampftag grosse Lustlosigkeit aus. Oder der kleinste Anlass (schlecht geschlafen, Regenwetter) gibt dir eine gelungene Ausrede, um heute UNMÖGLICH starten zu können. Zusammengefasst: Selbstsabotage. Das alles kann mehr oder weniger unbewusst passieren.

Was aber tun dagegen? Jasmin’s grosser Traum ist ja immer noch, doch endlich mal in einem Wettkampf auf dem Treppchen zu stehen.

Da hilft nur eins – den Bullen (sprich: die Angst) bei den Hörners packen: Rigorose Selbstreflexion. Was bedeutet es für dich, solltest du wirklich erfolgreich sein? Trift womöglich eine der beschriebenen Ängste besonders auf dich zu?

Sollte das der Fall sein, dann begib dich auf Ursachenforschung. Gibt es dafür berechtigte Gründe? Möchtest du sie gelten lassen für dich und dein Leben – oder sie überwinden?

Am Ende ergeben sich zwei mögliche Ausgänge

  1. Akzeptieren, dass es so ist und vom Wettkampfsport absehen. Versteh mich nicht falsch. Das ist dann eine Lösung, falls die Konsequenzen, deinen Traum nicht zu erfüllen, dich nicht in eine Sinnkrise stürzen.
  2. Stell dich deiner Angst, indem du dich gedanklich auf die Zeit nach dem erträumten Erfolg vorbereitest – ausgehend von der Annahme, deine Ängste werden wahr. Was ist das Schlimmste, das dir persönlich nach einem Erfolg passieren kann und wie gehst du damit um?
    1. Was machst du mit potenziellen Neidern, Miesmachern und Leuten, die sich von dir abwenden?
    1. Wie wirst du mit steigenden Erwartungen umgehen?
    1. Was bedeuten Misserfolge für dich, wenn du mal Erfolg hattest? Wie wirst du ihnen begegnen?
    1. Welche Veränderungen ergeben sich, wenn du mal erfolgreich bist? Welchen Einfluss haben sie auf dich und dein Leben? Wie wirst du sie angehen?

Diese gedankliche Vorbereitung wird dir helfen, mit viel mehr Zuversicht an den Start zu gehen, denn du bist auf das, was kommt, optimal vorbereitet. Auf Misserfolg sowieso, denn den hast du ja schon erlebt. Aber jetzt auch auf Erfolg 😊

Für Jasmin war es allein schon befreiend, herauszufinden, was sie die ganze Zeit so blockiert hatte. Als sehr sozialer Mensch wollte sie jedem gefallen und hatte grosse Angst vor potenziellen Neidern. Mit Hilfe einer Umfeldanalyse, bei der sie herausfand, dass ihre engsten Freunde ihr jeden Erfolg gönnen würden – und die anderen in ihrem Leben nicht wichtig sind – kam sie aus ihrer Misere heraus. Es dauerte nicht lange, das schickte sie mir ein Foto ihrer ersten Klassierung.

#Erfolgsangst #Mentalstarkreiten #Mentalstarkimsport #mentalstarkimberuf #Metathesiophobie

Leave a comment

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert