«Ich kann mich einfach nicht konzentrieren!!! Sobald die Glocke geht, ist alles weg und ich friere ein!» breitete meine Kundin, nennen wir sie Emma, in unserer ersten Sitzung ihre Frustration vor mir aus. Emma hatte dieses Problem nicht nur im Dressurviereck, auch beim Springen ging es ihr immer gleich. Alles, was sie sich vorher vorgenommen hat, verschwimmt in ihrem Kopf, sobald das Startzeichen ertönt. Sie ist dann überhaupt froh, wenn sie sich nicht verreitet, was aber auch allzu oft vorkommt. Gern würde Emma auch mal eine Vielseitigkeit reiten, aber ihre Angst, sich zusätzlich auch noch einer Geländestrecke mit um die 20 Hindernissen stellen zu müssen, ist für sie der totale Albtraum.
Nach Atem- und Achtsamkeitsübungen, die Emma sich für ihre mentale Vorbereitung auf dem Abreiteplatz mitnimmt, nehmen wir in einem zweiten Treffen ihre Starts auseinander. Hier gibt es eine Methode aus dem Sport Mental Bereich, die sich «Chunking» nennt. Ein «Chunk» ist ein Brocken. Wir beginnen mit dem Dressurstart. Diesen teilt Emma also in einzelne Teile auf, die zusammen wieder das Dressurprogramm ergeben. Sie identifiziert insgesamt 5 Chunks: vom Eintritt ins Viereck bis zum ersten Halten, den Trab-, den Galopp und den Schrittteil, sowie den abschliessenden Trab bis zum letzten Gruss.
So banal das vielleicht klingen mag, aber schon diese Aufteilung nimmt der Dressuraufgabe auf einmal ihre Komplexität. Emma stellt fest, dass die einzelnen Teile, jeder für sich gesehen, überschaubar sind – und es in jedem ein oder zwei Höhepunkte gibt, die sie als Reiterin besonders fordern. So zappelt ihr Pferd zum Beispiel gern bei der ersten Grussaufstellung, oder der Galoppteil beginnt gern mal mit einer Freudenbekundung ihres vierbeinigen Partners. Aber ebenso gibt es in jedem Chunk auch Lektionen, die Emma immer gut gelingen. In der Sitzung nehmen wir den ersten Teil nun nochmals auseinander und vertiefen dabei die Grussaufstellung.
Gefühlt um einige Felsbrocken erleichtert und voll neuer Motivation verlässt Emma unser zweites Treffen. Als sie zum dritten Mal kommt, strahlt sie. Zwischenzeitlich hatte sie wieder einen Start im Viereck. Vorher hatte sie die anderen 4 Chunks auch noch einzeln vorbereitet, im Training zu Hause und für sich selbst im Kopf. Und siehe da: auf einmal klappte es auch auf dem Turnier. «Die Brocken hab ich zu Bodenplatten gemacht – da gehe ich jetzt Schritt für Schritt drüber. Als nächstes nehmen wir uns jetzt den Springparcours vor!»
So macht Coaching Spass 😊