Vom Zwang, sich selbst zu zwingen

Aber ich muss doch!
Aber ich muss doch!

Aber ich muss doch …!!! Diesen Satz, abwechselnd mit seinem Bruder „Ich kann doch nicht…!!!“ hörte ich erst gestern wieder im Gespräch mit einer Kundin. Sie leidet in ihrem stressigen Job unter einem Vorgesetzten, der sie täglich mit Vorwürfen und Kritik eindeckt. Fühlt sich ausgeliefert und ausgebrannt. Rennt den ganzen Tag von A nach B und kann es doch gefühlt niemandem Recht machen. Sich selbst schon gar nicht.

Falls es dir auch so geht wie meiner Kundin und du dich immer wieder ertappst, diese Sätze laut oder leise vor dich hinzudenken – und sie dich auch nachts nicht schlafen lassen, weil dir der gefühlte Druck den Hals zusammendrückt, dann lies weiter.

Mit dem Satz: Ich muss doch… oder Ich kann doch nicht… gibst du deiner Umgebung bzw. den Umständen implizit die Schuld an deiner Situation. Dem Chef, der Partnerin, den Kunden, deinen Kindern oder Tieren. Weist die Verantwortung von dir.

Dann hast du weder Plan B, noch C, noch D durchgedacht und dich selbst aller Alternativen beraubt. Warum, weisst nur du. Vielleicht aus Verantwortungsbewusstsein, vielleicht aus Erwartungsdruck von dir, deinen Kollegen, Freunden, Familie, vielleicht aus gefühlten finanziellen Zwängen, vielleicht aus Angst vor den Konsequenzen. Aber es ist IMMER ein Entscheid. Genau, wie es ein Entscheid ist, morgens überhaupt aufzustehen, ob du Auto oder Zug zur Arbeit nimmst, mit wem du Kaffee trinken gehst. Der ganze Tag besteht nur aus Entscheiden, grosse und kleine. Das vergessen wir häufig.

Die Freiheit der Entscheidung

Auch wenn es jetzt radikal klingt: das Einzige, was wir müssen, ist sterben.  Alles andere ist dein Entscheid. Wirklich! Egal was das Satzende ist. Extreme Zwangssituationen (z.B. du sitzt im Gefängnis) ausgeschlossen: Aus (fast) JEDER Situation kannst du dich physisch entfernen und etwas anderes machen, als was du denkst du musst.

Bevor du jetzt gleich auf die Barrikade gehst, von wegen so’n Unsinn, lass dich doch mal ein auf ein extremes Gedankenspiel.

Wir, in unserer westlichen, freiheitlich orientierten Welt, haben alle Optionen. Immer. Fast jeder von uns könnte, jetzt nach Corona, jederzeit zum Flughafen oder Bahnhof gehen mit dem Bargeld oder der Kreditkarte, ein Ticket irgendwohin kaufen und verschwinden. Auto und Velo tun es auch. Es gibt Menschen, die tun das. Hört man immer wieder. Fangen irgendwo anders ganz von vorn an. Allein oder mit Partner oder Familie. Ich selbst hab’s vor 30 Jahren gemacht. Gekündigt und nach England gezogen. Mit meinem letzten Geld. Ein Arbeitskollege hat’s vor ein paar Jahren gemacht. Job und Wohnung gekündigt, mit Frau und 2 kleinen Kindern auf ein Boot und um die Welt geschippert. Eine Freundin hat’s grad gemacht: den sicheren Job gekündigt, um wieder die Schulbank zu drücken. Es geht!

Der erste Schritt dahin ist ein kleiner: Ersetze das Wort MUSS mit KANN: Aber ich KANN doch x y z…

Das tönt gleich ganz anders. Damit lädst du dich selbst ein, über Alternativen nachzudenken. Du erlaubst dir, einen bewussten Entscheid FÜR etwas zu treffen und damit die Kontrolle über dein Leben zu behalten, anstatt es dir von aussen aufzwingen zu lassen. Und, es gibt dir gleichzeitig die Freiheit zu überlegen: Was wäre eine Alternative? Wer könnte es sonst machen? Wie könntest du es dir leichter machen? Und passt das, was du gerade noch gedacht hast, zu müssen, überhaupt zu deinen Werten und in dein Lebenskonzept?

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